20.07.2022

Die neue Tierschutzhundeverordnung...

...sorgt erst einmal für viel Verwirrung! Sie sorgt dafür, dass sich übereifrige Amtsveterinäre Regeln und Vorgaben ausdenken, die schlicht sinnfrei sind. Und: sie stellt zunächst einmal ALLE Züchter und ALLE Hundeaussteller unter einen Generalverdacht! Da der Gesetzgeber irgendwie nix Konkretes geschrieben hat, sind wir Züchter völlig verunsichert, welche Rassen wohl als nächstes von irgendwelchen Restriktionen betroffen sein werden.
Dass Ausstellungen und Rassehundezucht schon seit langer Zeit ein furchtbar schlechtes Image haben - tja, is leider so! Fragt man Welpeninteressenten danach, ob sie sich vorstellen können, ihren Hund später mal auszustellen oder sogar der Zucht zur Verfügung zu stellen, so erntet man in aller Regel ernstlich fragende Blicke und meistens eher Unverständnis. Weil??? Jo, warum ist das so?
In den Medien sind es die immer gleichen Bilder, die die Vorstellung von Hundeausstellung prägen: der schnaufende Mops/Frenchi/ English Bulldog, der sich durch den Ring quält; der toupierte Pudel, dessen Frisur der seines ebenso toupierten Frauchen verdächig ähnelt; der tätowierte kräftig gebaute Mann im Jogginganzug, der einen Rottweiler/Deutscher Schäferhund oder Dobermann vor sich herlaufen lässt.  Und dann noch die auf dem Arm getragenen Mini-Hündchen, die aus ihrer herausgehobenen Position lautstark auf sich aufmerksam machen.
Wir waren in den vergangenen 25 Jahren auf so mancher Ausstellung! Und all die Extreme, die ich gerade beschrieben habe, klaro, die gibts! Und für die Medien sind die natürlich super interessant, frei nach dem Motto "only bad news are good news"!
Von einer Dalmatiner-Ausstellung mit über 100 Dalmatinern zu berichten, das ist dagegen staubtrocken und medial kaum zu gebrauchen - wenn es dort nicht zu irgendeiner Katastrophe kommt - und das ist mir in den letzten 25 Jahren zum Glück niemals passiert - dann schaffen es friedliche, gesunde Dalmatiner und ihre ebenso friedlichen und (meistens) wohlgelaunten Zweibeiner schlicht nicht in die mediale Präsenz. Gleiches gilt für die Norfolkterrier - nur bin ich da noch nicht so lange dabei...
Ausstellungen dienen dem Austausch der Züchter untereinander, sie sind natürlich auch ein Schaufenster für die jeweilige Rasse. Aber dass es dabei ausschließlich um die Eitelkeit der Zweibeiner geht, die ihr etwas zurückgebliebenes Selbstwertgefühl mittels hochprämierter Hunde aufpolieren müssen - ich weiß nicht, wer diesen Unfug in die Welt gebracht hat. Das gibts, kein Zweifel, aber meine Erfahrung der vielen Jahre ist doch etwas anders. Unsere Hunde freuen sich und lassen uns keine Sekunde aus den Augen, wenn der "Ausstellungskram" gepackt wird - Kofferraum auf und die Wauzels hüpfen hinein und wollen auf gar keinen Fall wieder aussteigen! Die Aussicht auf einen Tag mit uns Zweibeinern lässt sie  zur Höchstform auflaufen. Und: ausnahmslos all unsere Bekannten und Züchterfreunde berichten da das Gleiche! Dass Ausstellungen für Hunde "die Qual schlechthin" sein sollen - dat is Blödsinn!
Es gibt so einige Rassen, für die ich mich niemals begeistern könnte! Damals, als ich mich für die Dalmatiner und später dann auch für die Norfis entschieden habe, war es wichtigstes Kriterium, dass die Hunde sich in ihrem "Outfit" wohl fühlen können müssen. Hunde, denen man den Fang weggezüchtet hat, können die vorgesehenen 42 Zähne einfach nicht in geordneter Reihenfolge im Maul unterbringen - von einer Zunge oder einem Riechorgan mit allem Drum und Dran gar nicht zu reden! Was bitte kann daran schön sein? Oder Hunde, denen man so viel Haut verpasst hat, dass ihnen ihr "Anzug" einfach zu groß ist und er lose herunter hängt. Oder die Rassen, bei denen der Pelz viel zu üppig geraten ist und zu einem Wärmestau führen muss. Oder die, deren Anatomie dazu führt, dass hinten nicht nur die Pfoten sondern der komplette Fuß beim Laufen den Boden berührt. Wer begeistert sich für Hunde, bei denen klar ist, dass sie von ihren rassetypischen Merkmalen an einem guten Leben gehindert werden. Hunde wollen sich bewegen können - ohne Atemnot und ohne Schmerzen.
Dass der Gesetzgeber nach vielen Jahren mit freundlichen Hinweisen und netten Worten nun zu drastischeren Maßnahmen greift, ist nachvollziehbar. Aber Ausstellungsverbote sind da ganz sicher nicht der Weg, der ans Ziel führen wird. Bekanntermaßen ist der Anteil von unter dem Dach des VDH gezüchteten Hunden gerade dieser so beliebten Rassen eher klein. Dass sich Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher erst nach dem Besuch der Euro-Sieger-Show in Dortmund dazu durchringen, sich nun doch einen Mops zu holen, mal ehrlich, das glaubt doch niemand!
Wenn es nicht das Ziel ist, die gesamte Rassehundezucht kaputt zu machen, dann muss man meiner Meinung nach an die Besitzer von Hunden mit "Qualzuchtmerkmalen" heran. Dafür braucht man zu allererst eine konkrete Definition dessen, was man nicht mehr sehen möchte. Dann bedarf es eines Stichtags, ab dem der Erwerb eines Hundes mit diesen Merkmalen und der nach diesem Tag geboren ist, untersagt wird. DAS ist allerdings ein wirklich aufwendiges Dings! Und es ist zu befürchten, dass die Tierliebe des Gesetzgebers so weit nun doch nicht gehen wird.
So bleibt zu hoffen, dass die Ausführungsbestimmungen der neuen Gesetzgebung doch noch konkreter werden und irgendwann dann nur noch für wirklich vorhandene "Qualzuchtmerkmale" eingesetzt werden. Da, wo es für die Hunde eine Verbesserung gibt! Und nicht für unsinnige Untersuchungen an gesunden Hunden, an Hunden aus uralten Rassen wie den Nackis, oder an Hunden mit Merlefaktor, die unter ihrer Fellfarbe nun so gar nicht leiden müssen.
Dass die Medien ihren Teil zu dem Dilemma beigetragen haben, ist offensichtlich. Dass aber auch  ganz besonders diejenigen, die wider besseres Wissen Hunde mit völlig kranken Merkmalen "süüüß" und "witzig" oder sonstwie "begehrenswert" finden, da einen großen Anteil dran haben, das ist hoffentlich allen klar. Und da schließe ich die Züchter, die ihre Zuchtprodukte ja auch irgendwie mögen müssen, mit ein. Also nicht die Vermehrer, sondern die Züchter! Aber das Streben nach dem "noch Besondereren" stirbt leider nicht aus...
Übrigen ist da auch nicht der VDH alleine Schuld! Auf allen Veranstaltungen des VDH in den letzten Jahren, an denen ich teilgenommen habe, ist immer wieder auf die Problematik z.B. der Brachycephalen Rassen hingewiesen worden. Nur sind die Einkreuzungsprojekte dem Dogma der Reinrassigkeit zum Opfer gefallen. Meiner Meinung nach ist eine Einkreuzung, die von Genetikern begleitet und gut dokumentiert wird, z.B für den Mops eine gute Möglichkeit, wieder an einen Fang zu kommen, der den Namen auch verdient hat. Außerhalb des VDH gibbet dat schon...